Vernetzung im kabellosen Lehrerraum

Wie wahrscheinlich sehr viele Schulen machen wir uns seit Jahren Gedanken, wie wir unsere Klassenzimmer am besten mit der uns anvertrauten Technik nutzen können. Die ganz Progressiven werden sagen: Räume und Schulhäuser müssen komplett neugestaltet werden - der Meinung bin ich auch. Aber solange wir nur dieses eine Schulhaus zur Verfügung haben, verändern wir halt das zu einer neuen Lernkultur - so gut es geht. Gleichermaßen könnte man auch gleich das Pult aus dem Raum verbannen - mein Unterricht kommt ohne Lehrertisch aus. Allerdings ist in unserem Lehrerraumprinzip der Tisch auch Arbeitsplatz. Daher haben wir entscheiden, es drin zu lassen und dennoch den Unterricht von überall im Klassenzimmer ohne Kabel zu vernetzen. 
Wir haben nun einen Weg gefunden, der vielleicht der ein oder anderen Schule weiterhelfen könnte - von anderen haben wir uns inspirieren lassen oder sammeln weiter Eindrücke, die unsere Räumen optimieren.

Dreh- und Angelpunkt in unserem System ist das Stehpult. Dort laufen alle Kabel im Klassenzimmer zusammen, so dass das höhenverstellbare Lehrerpult kabellos ist. Man kann durch eine entsprechende Auswahl an einem Umschalter auswählen, welches Signal vom Beamer verwendet werden soll. Es gibt die Dokumentenkamera, einen EZCastPro zur Übertragung von Android/Microsoft-Geräten, einen Apple-TV für die Übertragung der Apple-Geräte und ein HDMI-Kabel für schnelle Anschlüsse. Damit sich keines der Geräte aufhängt, ist die komplette Technik im Stehpult und der Beamer mit einem Schalter für Strom-aus verbunden. Der Ton wird beim Beamer über den Audio-Ausgang abgegriffen und an die Stereoanlage geschickt, so läuft auch bei der kabellosen Übertragung der Ton im bekannten Format. Zur Sicherheit liegt auch ein Klinkenkabel am Stehpult. So kann jeder Lehrer mit seinem Lehrerdienstgerät und auch jeder Schüler mit seinem Tablet (1:1-Ausstattung in 2 Jahrgangsstufen) seine Ergebnisse präsentieren und muss dabei nicht am Lehrerpult sein. Das ändert auch unsere Rolle als Lehrer, weg vom Lehrerpult, rein ins Klassenzimmer. Meine Inhalte können jetzt ja überall übertragen werden. 

Probleme mit der vorherigen Ausstattung

Ich bin an meiner Schule u.a. für die Systemadministration zuständig. Daher ging es schon immer bei meiner Arbeit um die Instandhaltung der Technik in den Klassenzimmern. Folgende häufige Probleme führten dazu, dass man etwas ändern musste:

  • der Ton kam fast nur über den Beamer, trotz Anlage. Beim kabellosen Übertragen wird der Ton mit übertragen und die Lautsprecher der Beamer sind (bei uns) mies. -> Ton wird per Klinkenkabel an die Anlage geschickt.
  • wir hatten enorme Ausgaben für Kabel. Immer wieder brach das HDMI-Kabel, weil Tische diese einklemmten, Stecker unsachgemäß verwendet wurden, höhenverstellbare Tische unsachgemäß benutzt wurden... Bei einem HDMI-Kabel von 15 Metern Länge sind das Kosten, die kein Mensch braucht -> daher kein Kabel auf dem Lehrerpult.
  • EZCastProII soll eigentlich alle Formate übertragen. Beim Übertragen von Apple-Geräten ist dazu ein WLAN mit Internet im EZCast erforderlich. Dieses wiederum verlieren die immer wieder und ich muss es nachjustieren. Ergo: zwei Übertragungssysteme. Weil aber nur ein HDMI-Anschluss an den Beamern ist: ein Switch im Stehpult (bei uns der Aten HDMI Switch) der mit einem Kabel an den Beamer angeschlossen wird und die Signale der anderen Geräte verteilt. So gehen bis zu vier Geräte an einen Beamer.
  • Technik Pult mit Geräten und Kabeln. Wir Lehrer hatten am Lehrerpult eigentlich kaum mehr Platz: Laptop, Doku-Cam, Kabel, ... fast jeder nahm einen zusätzlichen Tisch dazu, um Platz zu haben. -> die Technik in das Stehpult und das Lehrerpult zurück auf Anfang zum Arbeiten.
  • Lehrer als Coach frontal am Lehrerpult. Ich bewege mich als Lehrer immer durch das ganze Klassenzimmer, bin nie an einem Ort länger. Im schülerzentrierten Unterricht darf Übertragung nicht lehrerzentriert nur am Lehrerpult möglich sein. -> zuverlässiges System zur kabellosen Übertragung für jeden. 
  • Dokumentenkamera-Projektionsfläche im Rücken. Viele Kollegen forderten, dass die DokuCam seitlich genutzt werden kann. Also richteten wir das Stehpult so ein, dass man fortan von der Seite auf die Klasse blickt und damit auch die Projektionsfläche sehen kann.
  • Umschalten zwischen zwei Eingängen. Mit dem Umschalten am Switch (fest verbaut) fällt das lästige Suchen nach der Fernbedienung des Beamers zum Umschalten zwischen zwei Signalen weg. 
  • freie Stecker und Kabel. Wenn irgendwann mal etwas nicht funktionierte, probierten die Betroffenen alles Mögliche aus und bei meinem Eintreffen musste ich erst wieder alle Stecker an den richtigen Ort bringen. Daher sind jetzt alle Kabel im Stehpult versteckt und nur ich habe den Schlüssel.

Das Stehpult und sein Innenleben


Die oberen beiden Fächer sind für die Kolleg:innen frei zugänglich. Unten drin ist die Technik verbaut und der Deckel kann abgenommen werden. Der Switch ist verklebt und damit fest. Sollte man mal einen größeren Switch brauchen, können die Holzleisten ummontiert werden. Im Schrank gibt es eine Steckdosenleiste (die war früher am Lehrerpult) und einen Mehrfachstecker. Alle Geräte liegen im unteren Fach und sind per HDMI an den Switch angeschlossen. Über den Boden geht ein HDMI-Kabel an den Beamer. Das ausgelegte Klinkenkabel geht über den Boden an die Stereoanlage. Das Stehpult ist fest auf den Boden geschraubt und kann nicht verrutscht werden. Es hat eine Fensterbreite Abstand zu den Fenstern. Die Dokumentenkamera ist so positioniert, dass man von der Seite und von vorne übertragen kann (unsere Dokumcam kann nur in zwei Richtungen geschwenkt werden)

Anschlüsse am (alten) Beamer

Ein HDMI-Kabel (mehr Anschlüsse hatten wir eh nicht) führt über die Decke und den Boden zum Switch im Stehpult. Der Ton wird über Audio-Out (Cinch) und die Decke zur Anlage geschickt. Dort wartet ein y-Stecker an der Stelle, wo auch das Klinkenkabel vom Stehpult ankommt. So wird jeweils der passende Ton am gleichen Eingang übertragen. 

Das VGA-Kabel, das früher zur Dokumentenkamera lief steckt noch, wird aber nicht mehr benötigt. 

Beschaffung und Kosten

ca. 1 Jahr haben wir überlegt, geplant und gezeichnet. Florian Klein (Werkenlehrer/Systembetreuer), Herr Koch (Hausmeister/Elektriker) und ich (erw. Schulleitung/Systembetreuer) haben nicht so lange dafür gebraucht, wir kamen einfach nicht immer dazu weiterzudenken. 

1 weiteres Jahr brauchte es, bis es dann auch die Kosten genehmigt wurden und ein weiteres halbes Jahr, bis die Herstellung und die Einkäufe fertig waren.

Ungefähre Kostenaufstellung:

Stehpult: 900 €; Höhenverstellbarer Tisch 500 €, Switch (Aten HDMI) 60 €, Elektroninstallation 250 €, Barhocker 70 €, AppleTV 160 €.
Was wir schon hatten: Beamer, DokuCam, EZCastProII, Soundanlage, bestehende Verkabelungen. 

Bisher sind es (leider) nur 6 Klassenzimmer auf diesem Weg. Der Rest folgt nächstes/übernächstes Kalenderjahr 2023. Und dann hoffentlich weniger Wartung und Instandhaltung als vorher. 

 

Nachtrag 2023: Alternativ zum EZCast/AppleTV wäre der Airserver bzw der Cynap geschickt und gut. Diese können anders als der EZCast auch per LAN ins Netz gebracht werden und halten dadurch natürlich die Verbindung besser. Dann gehen auch beide Systeme auf jedem einzelnen Gerät. Vom Strom muss man sie trotzdem regelmäßig nehmen. Geräte im Dauerstrom brauchen einfach manchmal eine Erholung :-)