Arbeitsstunden als Lehrkraft - faul?

Gleich vorweg: Ich mag meinen Job und will ihn um keinen Preis der welt wieder her geben. Wenn ich unterrichte oder Unterricht vorbereite erfüllt mich das derart, dass ich oftmals die Zeit vergesse und einfach immer weiter arbeite.

Vor ein paar Wochen habe ich dann bei Spiegel Online von einer GEW-Studie gelesen: "48 Stunden und 18 Minuten - so viel arbeiten Lehrer im Schnitt" Ich Ich weiß seit langem, dass Lehrer deutlich mehr arbeiten, als ihnen lieb ist oder die Gesellschaft an Arbeitszeit sieht, aber so viel?

 

Eine ganz normale Woche: 46,5 Stunden

Deshalb habe ich diese Woche einmal meine Arbeitszeit mitdokumentiert, rein interessehalber. Heraus kam z.B. diese Aufstellung vom Donnerstag  den 01.03.2018: Knapp 10 Stunden habe ich an diesem Tag für die Schule gearbeitet. Man könnte anmerken, dass Einiges zu Hause statt fand, aber da bin ich sehr diszipliniert und gönne mir nur wenige Ratsche- und Kaffeepausen. Nur die Mittagspause ist dafür da. Auch die Pausen in der Schule habe ich als Arbeitszeit gerechnet, die Zeit am Morgen daheim und die Zeit vor dem Unterricht. Denn bei näherem Hinsehen habe ich auch in dieser Zeit fast ständig etwas für meinen Beruf getan. An den anderen Tagen war es ähnlich. In Freistunden hatte ich Vertretungsstunden oder ich habe Aufgaben erledigt, die ich an unserer Schule so nebenher betreue. Am Dienstag habe ich um 17 Uhr schon aufgehört und bin joggen gegangen und am Freitag war um 16 Uhr Schluss, dafür gings am Mittwoch (wegen einer SchilF) ein wenig länger.

Heraus kamen 46,5 Stunden und das in einer Woche, in der keine Korrektur anstand, die Zeugnisse ausgegeben worden sind, die Abschlussprüfungen noch weit weg sind, keine Konferenzen oder Elternabende anstanden und von der ich eigentlich auch sonst dachte, dass sie verhältnismäßig ruhig war.

 

Andere Lehrer, andere Arbeitszeiten?

Schon länger unterhalte ich mich bezüglich Arbeitszeit immer wieder mit meinen Kollegen. Wir haben erstaunlich viele Lehrkräfte, die nicht mit vollem Deputat unterrichten. Vorsichtig hatte ich einmal nachgefragt, woran das lag. Einhelliger Tenor: "Ich will meinen Job richtig machen und dafür brauche ich Zeit. Das bekomme ich bei normaler Arbeitszeit nicht hin." Eine Kollegin hatte auch für sich aufgeschrieben, wie viel sie in einer Woche für die Schule arbeitet und sie kam dabei oftmals auf 50Plus-Wochen, trotz Teilzeit. Sie ist Deutschlehrerin und meinte die meiste Zeit geht für Korrektur drauf, auch am Wochenende.

Das Schöne an der ganzen Geschichte: keiner beschwerte sich darüber, das war für die meisten ok, so viel zu arbeiten. O-Ton: "Ich schreibe einfach nicht mehr die Stunden auf und arbeite einfach."

Wenn man sich dann Führungskräfte wie Schulpsychologen oder Schulleiter oder Beratungslehrer,... ansieht, ist man manchmal mit seinen unter 50 Stunden sogar noch glücklich.

 

Vorurteile zermürben, nicht die Arbeitszeit!

Warum schreibe ich diesen Artikel? Nicht weil ich Stunden reduziert haben will und nicht weil ich jammern will. Mein Job ist toll und er darf auch mit dieser Arbeitszeit so bleiben.

Was mir stinkt sind folgende Geschichten:

  • als ich am Dienstag joggen gegangen bin, riefen mir einer unterwegs zu: "Lehrer müsste man sein"
  • wenn ich mittags beim Bäcker im Ort vorbei fahre heißt es immer: "Ah, der Lehrer hat schon Feierabend". Das änderte sich nicht einmal als ich mir Mühe gab, die nachmittägliche Vorbereitung zu erläutern.
  • Im Freundeskreis werden regelmäßig Beamtenwitze gerissen: Lehrer arbeiten doch nix.
  • jeder kennt einen Lehrer, der faul war und nichts machte -> daraus folgt oft dann das generelle Urteil.
  • spiele ich nachmittags mit den Kindern und arbeite dafür abends, bekommt auch meine Frau oft Sprüche: "Du hasts gut, mit einem Lehrer, der immer nachmittags daheim ist."

 

Liebe Nörgler und Besserwisser, ES NERVT. Hat sich eigentlich schon mal jemand überlegt, wozu diese Vorurteile führen? Bei keiner Berufsgruppe wird die Arbeit so dermaßen in Veruf gestellt wie bei den Lehrern, obwohl es immer häufiger Tage gibt, bei denen man auf dem Zahnfleisch daher kommt.

Wir haben Ferien, in denen wir oftmals wirklich deutlich weniger tun als in normalen Schulwochen und wir können unsere Arbeitszeit flexibel einteilen, wenn wir das wollen und zeitlich können. Ich wünsche mir einzig ein wenig mehr Respekt. Wenn wir mittags mit dem Unterricht fertig sind, haben wir oftmals schon 6-7 Stunden gearbeitet und dennoch ist unser Tag dann noch nicht vorbei. Aber nicht die Arbeitszeit macht einen mürbe, sondern dann am Ende des Tages zu hören man hätte einen Job, bei dem man deutlich weniger zu tun hätte als bei anderen. Ich prüfe andere Jobs nicht nach, aber durchschnittlich weit über 40 Stunden gehört bestimmt nicht zur faulen Sorte (ein Danke übrigens an Gerhard Schröder für diese Formulierung 1995 -nicht).

Liebe Lehrerkollegen, wie sieht Euer Zeitkonto aus? Ähnliche Tendenz?

Übrigens: Das Schreiben dieses Blogartikels habe ich nicht in meine Zeitmessung eingebracht, das ist privat ;-)